Im Gespräch mit Dina Yanni, Autorin von Perspektiven auf Rassismus im Ö-Film
„Niemand kann von sich selbst ausschließen, Rassismen zu bedienen.“
2016 hat Dina Yanni eine erste Studie veröffentlicht, die ein Schlaglicht auf unbewusste hegemoniale Mechanismen in der Filmsprache gelenkt hat. Nun hat die Politikwissenschaftlerin und Künstlerin mit Perspektiven auf Rassismus im österreichischen Film eine zweite, vertiefende Arbeit vorgelegt, in der sie österreichische Filme der letzten Jahre analysiert, die nicht existente Thematisierung von Österreichs Kolonialgeschichte anspricht und den Blick für die mögliche Diskrepanz zwischen antirassistischer Haltung und antirassistischer Filmpraxis schärft.
Sie sind Politikwissenschaftlerin und Visual Artist. Mit welchen Themen haben Sie sich bisher in Ihrer wissenschaftlichen wie künstlerischen Forschung auseinandergesetzt? Welche Fragestellungen haben Sie dabei zu einer intensiveren Beschäftigung mit dem österreichischen Film geführt?
DINA YANNI: Ich habe 2011 im Bereich Migrations- und Rassismusforschung promoviert, woraus sich auch ein 20-minütiges Filmprojekt auf Super-8mm ergeben hat. Mein Interesse galt der Bildsprache, in erster Linie dem Durchbrechen der hegemonialen Bildpolitik. Ich wollte anders erzählen, mit der Ausdrucksform Film experimentieren. Das war meine erste Berührung mit dem Thema Film und es hat mich nicht mehr losgelassen. In weiterer Folge habe ich dann auch das Studium der Filmproduktion absolviert. Auch künstlerisch beschäftige ich mich mit Repräsentationskritik und Bildpolitik. Daneben arbeite ich derzeit zum Beispiel an einer Studie über den österreichischen „Kaiserfilm“ der Nachkriegszeit in Zusammenhang mit Vergangenheitsbewältigung, Opferhaltung und Inszenierung von Vergessen. Das sind meiner Ansicht nach Themen, die den österreichischen Film auch heute beschäftigen.
Sie haben bereits vor einigen Jahren eine Studie zu Perspektiven des Rassismus im Film verfasst, nun kommt im Frühling 2024 ein zweiter weiterführender Bericht heraus. In welchem Kontext und mit welcher Fragestellung nahm diese Studie ihren Ausgang? In welcher Richtung haben Sie Fragen im zweiten Bericht weitergeführt?
DINA YANNI: 2016 bin ich erstmals auf das ÖFI zugegangen, weil mir in meiner wissenschaftlichen Auseinandersetzung bewusst geworden ist, dass es im österreichischen Filmschaffen in Gegenüberstellung mit der postkolonialen Forschung ein Gap gibt. Ich hatte parallel zum Filminstitut mehrere Finanzierungsmöglichkeiten abgetastet, niemand sonst war bereit, diese Studie zu finanzieren. Das war bereits ein interessanter Hinweis zur österreichischen Mentalität, wenn es um Rassismus geht. Entsprechend der österreichischen Selbstwahrnehmung wird Rassismus in Österreich als Nicht-Thema wahrgenommen. Man hat mir damals gesagt, dass ich in der Filmbranche falsch bin und eher in den Gemeindebau gehen muss, um Rassismus vorzufinden. Dieses Beispiel bringt die österreichische Mentalität sehr gut auf den Punkt.
Das ÖFI hat dann die Studie alleine finanziert. Für die zweite Studie, die jetzt zur Diagonale 2024 erscheint, ist das ÖFI auf mich zugekommen mit dem Wunsch nach einer Weiterentwicklung des ersten Berichts. Der erste Bericht hat ein allgemeines Schlaglicht auf das Thema geworfen, die zweite Publikation war mit Fokus auf den österreichischen Film die logische Weiterentwicklung.
Ich freue mich sehr über das Interesse des ÖFI und die Tatsache, dass da auch Geld in die Hand genommen wird und ich an einer total unabhängigen Publikation arbeiten konnte. Ich bleibe aber auch sehr wachsam, was die möglichen Effekte dieser Studie betrifft. Das Ziel ist ja Veränderung in Richtung einer egalitären Repräsentation in der Filmproduktion. Mein Anliegen mit diesem zweiten Bericht ist es, eine Intervention in den bestehenden hegemonialen Diskurs einzubringen. Es ist keine Anklageschrift. Ich würde mir wünschen, dass man die Kritik aufnimmt und man versucht, besser zu werden. Das schließt mich genauso mit ein – ich habe in der ersten Studie meinen eigenen Film kritisiert.
Sie haben soeben von Rassismus als einem Nicht-Thema gesprochen. Worin sehen Sie historische Gründe für die fehlende Thematisierung von Rassismus?
DINA YANNI: Wenn man in Österreich von Rassismus spricht, kommt es zu so einer Art – wie ich es nenne – Beißreflex. Eine absolute Abwehrhaltung. Denn Rassismus wird in Österreich sensationellen Ereignissen zugeordnet: Rassistische Beschmierungen, Hate-Crimes, Nationalsozialismus, Apartheid in Südafrika, Polizeigewalt in den USA, aber niemals in der Gegenwart im eigenen Land. Von Rassismus zu sprechen wird als Ehrenbeleidigung verstanden. Das hat mit der Geschichte von Rassismus in Österreich zu tun, die wie in anderen europäischen Ländern im Kolonialismus verwurzelt ist. Entgegen der Selbstwahrnehmung war Österreich tief in den europäischen Kolonialismus verstrickt, den es mit Kriegsmarine, wissenschaftlich wie wirtschaftlich mitgetragen hat. Die Habsburger Monarchie war sehr aktiv dabei, andere Länder dabei zu unterstützen, Territorien zu besetzen und hatte vorübergehend selbst Territorien in China und Mosambik. Österreich hatte auch Sklaven, der bekannteste, Angelo Soliman, wurde im 19. Jh. als halbnackter „Wilder“ ausgestopft und ausgestellt. Kontinuitäten zum Kolonialismus haben weiter gewirkt, im 19. Jh. hat sich eine koloniale Konsumkultur durchgesetzt mit den so genannten Völkerschauen im Prater. Doch diese koloniale Vergangenheit Österreichs steht diametral zur österreichischen Selbstwahrnehmung. Die koloniale Vergangenheit wird weiß gewaschen und in weiterer Folge wird absolut geleugnet, dass Rassismus in Österreich als strukturelles Problem überhaupt existiert.
Ein interessanter Punkt in Ihrem Bericht bezieht sich darauf, dass die Selbstwahrnehmung als nicht-rassistisches Land und die Fremdwahrnehmung durch Menschen, die von Rassismus im Alltag hier in Österreich betroffen sind, weit auseinanderklaffen.
DINA YANNI: Rassismus ist in Österreich in all seinen Ausprägungen in der gesellschaftlichen Mitte gut abgesichert. Wie Araba Evelyn Johnston-Arthur sagt: Rassismus ist in Österreich gut integriert. Diese Tatsache geht allerdings mit einer kompletten Dethematisierung von Rassismus einher. In anderen Ländern mit kolonialer Vergangenheit kam es hingegen zu einer gesellschaftlichen Aufarbeitung und Auseinandersetzung – ich denke da an England oder Frankreich. Dort sind die Realitäten von People of Color im Mainstream sichtbarer als in Österreich. Wenn ich von Rassismus spreche, dann meine ich die Hierarchisierung entlang erfundener oder übertriebener Marker der Unterscheidung. Diese werden als Erklärungen herangezogen, warum bestimmte Menschengruppen bestimmte Dinge nicht können oder besonders gut können. Man spricht in der Rassismusforschung oft von der Erfindung von Unterschieden, weil z.B. „Hautfarbe“ eine soziale Konstruktion ist. „Hautfarbe“ wird aus der Vielfalt menschlicher Facetten als einzelner Aspekt herausgeklaubt und zu einem angeblich wichtigen Marker der Unterscheidung gemacht. Die so konstruierten Gruppen werden dann hierarchisiert und gegeneinander ausgespielt. „Rassentheorien“ und eine Hierarchisierung über „Hautfarbe“ wurden ab dem 17. Jh. herangezogen um europäisch-christliche Machtansprüche pseudowissenschaftlich zu legitimieren. Weil Afrika als rückständig und unzivilisiert erklärt wurde, bedurfte es der europäischen Intervention und Hilfe. Stuart Hall hat den Begriff vom Spektakel des Anderen geprägt. Dabei geht es darum, dass das Andere gegen eine unsichtbare weiße Norm definiert und in weiterer Konsequenz entwertet wird. Er spricht vom Spektakel, weil diese angeblichen Unterschiede übertrieben dargestellt werden. Dieses Anders-Sein wird im Film sehr häufig reproduziert.
In der Studie setzen Sie sich mit filmischen Arbeiten und einem Milieu auseinander, das am aktuellen gesellschaftlichen Diskurs interessiert ist und mit seiner Arbeit rassistischen Phänomenen entgegenwirken möchte. Welche unerwarteten Mechanismen treten da besonders über das Medium Film zutage?
DINA YANNI: Wenn man in Österreich Filme macht, dann fühlt man sich zum großen Teil neutral und unbefangen seinem Thema gegenüber. Da stecken sehr oft gute Absichten dahinter. Doch niemand kann von sich selbst ausschließen, Rassismen zu bedienen. Wenn man allerdings meint, selbst kein Rassismusproblem zu haben, dann führt man die eigene Arbeit keinerlei Problematisierung und Reflexion zu, so werden unbewusst existierende Rassismen aufgenommen und im Film reproduziert – mit teilweise erschreckenden Ergebnissen. Ich höre dann oft „Das war nicht so gemeint“. Ich möchte deutlich machen, dass die Absicht eines Filmemachers, einer Filmemacherin, der Rezeption des Films diametral gegenüber stehen kann. Das Publikum und der kulturelle Kontext entscheiden, wie ein Film rezipiert wird. Daher würde ich mir mehr Training, mehr Schulung wünschen, um ein wachsames Auge zu haben, vor allem auch die Bereitschaft, die eigenen Projekte kritisch zu betrachten, sie von außen einer Problematisierung zuzuführen, immer wachsam sein gegenüber unterkomplexen Dichotomisierungen und Machtasymmetrien.
Was versteht man unter unterkomplexen Dichotomisierungen?
DINA YANNI: Mit unterkomplexen Dichotomisierungen meine ich die vereinfachte Zweiteilung der Welt in Wir und die Anderen. Diese Strategie beruht auf dem sogenannten Othering. Bestimmte Gruppen werden gegen eine unsichtbare weiße Norm definiert und so geothert oder anders gemacht. Das Othering ist eine koloniale Strategie, die bis heute im österreichischen Film eingesetzt wird. Das ist in den meisten Fällen keine bewusste Taktik, sondern ein „Wie-die-Dinge-eben-sind“. So wird eine Zweiteilung von Fremd versus Eigen erzeugt, die natürlich reduziert ist gegenüber den vielen Unterschieden, die uns individuell ausmachen.
Schauen wir etwas näher auf die Auswahl der Filme, die Sie einer näheren Analyse unterzogen haben. Sie betrachten ausschließlich österreichische Filme, die z.T. in der Rezeption ziemlich erfolgreich waren und mit der Intention entstanden, Bewusstsein für rassistische Verhältnisse in der Gesellschaft zu schärfen. Ist es gerade in so einem Kontext wichtig, die blinden Flecke zu aktivieren?
DINA YANNI: Ich habe 15 Filme aus dem Untersuchungszeitraum 2016 bis 2023 gewählt, die überwiegend euphorisch rezipiert wurden und sich in irgendeiner Weise mit Migration oder Rassismus auseinandersetzen. Ich bin überzeugt, dass niemand hier in böser Absicht agiert. Aber wir haben auch mit einem Symptom der österreichischen Filmbranche zu tun, wo wir einen sehr geschlossenen Kreis von Filmschaffenden und Vergabegremien vorfinden. Für Menschen, die ohnehin gesellschaftlich marginalisiert werden, ist es schwer möglich, diesen Kreis zu durchbrechen. Das zeigt sich auch in der Auswahl der Filme.
Migrationsbezogene Themen scheinen ziemlich präsent zu sein.
DINA YANNI: Auch in der Themenwahl werden koloniale Mechanismen wirksam. Es besteht die Tradition, dass weiße Filmemacher*innen in ferne Länder reisen, dann dort Filme machen, das filmisch erzeugte Wissen von dort abziehen und im Westen zirkulieren. Das sind koloniale Prozesse. Es fühlen sich viele Filmemacher*innen zu diesem Thema hingezogen. Umso mehr Potenzial gibt es, dieses Interesse mit einem geschulten, offenen Blick zu kanalisieren und so an die eigenen Projekte heranzugehen. Zu sehen, wie oft Afrika vertreten ist, ist sehr interessant. Es besteht eine kolonial bedingte österreichische Faszination an Afrika. Das sind historisch gewachsene Prozesse. Einer der ersten Farbfilme der österreichischen Filmgeschichte Omaru – Eine afrikanische Liebesgeschichte von Albert Quendler aus dem Jahr 1955, basiert auf einer so genannten Afrika-Expedition, die dazu diente, Afrika zu entdecken, zu erforschen und zu kolonisieren. Dieser Film wird bis heute als einer der ersten Farbfilme kritiklos gefeiert. Dies ist ebenso ein Symptom der österreichischen Rassismuskultur, wie sie sich in der Filmlandschaft beobachten lässt.
Gibt es, weil Film als künstlerische/mediale Ausdrucksform besonders stark zur Verfestigung unsichtbarer Mechanismen beiträgt, eine Notwendigkeit einer Schule des Sehens für Kreative wie Rezipierende?
DINA YANNI: Gewiss. Es geht aber vor allem um ein bewussteres Machen von Filmen. Bewussteres Sehen und bewussteres Machen gehen für mich Hand in Hand. Eine antirassistische Filmpraxis heißt nicht einfach, eine Haltung gegen Rassismus zu haben. Antirassistisch zu arbeiten bedeutet, sich bewusst zu sein, dass man selbst Teil des Problems ist, selbst in diese Machtverhältnisse verstrickt ist und das proaktiv einer kritischen Betrachtung zuführen und zu handeln. Das kann bedeuten, eigene Privilegien zugunsten marginalisierter Stimmen abzugeben oder auch von Projekten Abstand zu nehmen, die koloniale Prozesse bedienen.
Sind wir als Filmpublikum auch zu einem aktiveren Sehen von Filmen aufgerufen?
DINA YANNI: Film ist eines der machtvollsten Instrumente für Repräsentation. Wir lernen durch Filme, ob es uns gefällt oder nicht. Wir fragen uns durch Film, wer wir selbst sind, wer andere sind, wie wir sein wollen, wie die Welt um uns herum aussieht. Filme haben in der Repräsentation eine Schlüsselfunktion. Wir sind es gewohnt, uns zurückzulehnen und uns Filme unkritisch anzusehen. Filme kommunizieren ja über Gefühle, deshalb sind sie so machtvoll. Diese Gefühle sind aber kein Zufall, sondern historisch gewachsen. Es ist kein Zufall, über wen wir lachen, über wen wir weinen, mit wem wir Mitleid haben, mit wem wir keinerlei Empathie empfinden. Das sind historisch bedingte Prozesse, über die man nachdenken muss. Wir reden da von größeren gesellschaftlichen Prozessen, die in Gang kommen müssen. Dazu gehört ein Diskurs über den eigenen Kolonialismus, Projekte, die das bereits tun, sind im Mainstream immer noch Randerscheinungen.
Sie zitieren Weina Zhao, die sagt: Wir können unsere Geschichten selber erzählen. Wo liegen durch eine erhöhte Bewusstwerdung dieser unsichtbaren Mechanismen die Möglichkeiten und die Legitimation eines in rassistischen Themen engagierten weißen Blicks?
DINA YANNI: Der weiße Blick existiert. Er ist in der Regel ein unsichtbarer Blick. Es ist der Blick, der nicht benannt wird. Es ist der machtvollste Blick. Ihn muss man destabilisieren und auf den Kopf stellen. Wenn Filme aus einem weißen Blick weiterhin gemacht werden, dann stellt sich die Frage, wie sehr das österreichische Filmschaffen international bestehen kann. Es ist einfach nicht mehr zeitgemäß. Filme haben eine höhere gesellschaftliche Relevanz, wenn die Lebensrealitäten von People of Color anerkannt und thematisiert werden, wenn ihnen Raum gegeben wird und ihnen Instrumente zur Verfügung gestellt werden, damit sie selber Filme machen können. Demgegenüber steht eine Realität, in der die immer selben Leute mit demselben Blickwinkel Filme machen. Ich spreche hier immer vom Mainstream der Filmlandschaft. Gegenhegemoniale Projekte von People of Color existieren auch in Österreich, für sie sind die traditionellen Produktionsstrukturen aber nicht gemacht.
Ihre Tätigkeit umfasst die interessante Kombination, sich einerseits künstlerisch über das Bild auszudrücken und in der theoretischen Arbeit die Macht des Bildes zu analysieren. Geht es Ihnen in beiden Feldern darum, unsichtbare Mechanismen sichtbar zu machen?
DINA YANNI: Das mit dem Sichtbar-Machen ist so ein Dilemma. Auf der einen Seite müssen wir darüber reden, was das unsichtbare Wir ist und was die anderen sind, die immer benannt werden – die Migrant*innen, die Ausländer*innen etc. Das unsichtbare, österreichische, weiße Wir bleibt immer unbenannt. Das Wir braucht keinen Begriff, es sind einfach nur Menschen. Das bewusst zu machen, ist sicher ganz entscheidend. Beim Sichtbarmachen von Rassismus besteht aber auch die Gefahr zu reproduzieren. Eine Überlegung, die mich während der Studie sehr beschäftigt hat, war die Frage, welche Bilder ich zeige. Wenn ich eine problematische Sequenz veranschauliche, reproduziere ich sie auch. Das ist ein Dilemma, dessen man sich auch bewusst sein muss. Das betrifft die antirassistische Arbeit im Allgemeinen.
Worin sehen Sie aufgrund Ihrer Studie wichtige Ansätze in der Praxis?
DINA YANNI: Ich bin schon sehr gespannt auf die Reaktionen. Ich hoffe, dass es zu einem Diskurs, zu einer Diskussion, kommt. Es geht um die Frage: Welche Filme zirkulieren? Denn sie prägen uns kulturell, persönlich, emotional. Ein kritisches Sehen ist absolut entscheidend. Wenn wir über die österreichische Filmbranche sprechen, dann denke ich aber an ein kritischeres Machen. Nummer 1: Ich halte es für ganz wichtig, dass sich die ganze Produktionsstruktur in Österreich, die zur Zeit immer die gleichen Leute unterstützt, für andere Sichtweisen öffnet. Nummer 2: Die Vergabegremien müssen die Gesellschaft widerspiegeln. Wenn Filme mit Bezug zu People of Color gemacht werden und sie keinerlei Mitspracherecht haben, dann ist das zum einen falsch und wirft zum anderen die Frage nach dem gesellschaftlichen Mehrwert eines solchen Films auf. Und Nummer 3: Damit People of Color nicht länger ausgeschlossen bleiben, bedarf es Anstrengung, Initiativen, Ressourcen, Geld. Es muss an verschiedenen Seiten angesetzt werden. Man darf in diesen Sichtbarkeitsdiskursen auch nicht vergessen, dass People of Color durchaus ein sichtbarer Platz in der Gesellschaft zur Verfügung steht, nämlich jener des Stereotyps. Es geht also um Filme aus einer Subjektperspektive, wo die eigene Geschichte erzählt wird, nicht die der Filmemacherin*des Filmemachers, die*der keinen Bezug hat zu den Lebensrealitäten von People of Color. Solange dieselben Leute über die Projekte derselben Filmemacher*innen entscheiden, ergibt sich eine Blase, die sich reproduziert, die sich aber nicht für die österreichische Gesellschaft und ihre Probleme öffnet.
Interview: Karin Schiefer
März 2024