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Filmwirtschaftsbericht 2024, facts + figures 23


FILM ERLEBT IN ÖSTERREICH EINE NEUE BLÜTE

 

Die Filmförderung gibt den Takt vor

2023 lagen die Budgets der österreichischen Förderstellen bei knapp 115 Mio. Euro, ein Plus von 30,5% gegenüber den 88 Mio. Euro im Jahr 2022. Diese deutliche Erhöhung ist auf die Einführung der beiden automatischen Förderprogramme ÖFI+ und FISAplus zurückzuführen. 74,2% der 115 Mio. Euro entfallen auf Förderstellen des Bundes bzw. das Film-/Fernseh-Abkommen mit dem ORF.

Die Einführung von ÖFI+ und FISAplus wirkte sich in erster Linie auf die Förderausgaben bei der Herstellung aus. Mit 86,8 Mio. Euro waren es 2023 um 39% mehr Mittel als im Jahr zuvor (plus 24,3 Mio. Euro).
Für den Bereich Kinofilm wurden 2023 rund 48 Mio. Euro ausgezahlt (ein Plus von 17% gegenüber 2022), für den Bereich Fernsehfilm beliefen sich die Auszahlungen auf rund 31 Mio. Euro. Eine enorme Steigerung: um 82% mehr als im Jahr 2022.

Dieser Aufschwung zeigt sich auch in den Kinos. In Österreich wurden 2023 mit 11,7 Mio. verkauften Kinokarten die Ergebnisse des Comeback-Jahres 2022 um 16,8% übertroffen. 2022 waren 10 Mio. Besuche im Kino verzeichnet worden.

Neue Höchstwerte beim Marktanteil

Das Angebot an Filmen ist erneut gestiegen und lag bei insgesamt 440 Filmen. Die Anzahl der erstaufgeführten Filme ist mit 351 Titeln ebenfalls gestiegen. In diesem Umfeld ist es besonders erfreulich, dass der österreichische Film seinen Marktanteil steigern konnte und mit 8,1% einen neuen Höchstwert (seit 2004) erreichte.

Diese österreichische Entwicklung entspricht weitgehend dem europäischen Trend. Mit 2.347 Filmen setzte sich der Aufwärtstrend der europäischen Filmproduktion im Jahr 2023 fort. Die Bruttoeinspielergebnisse in den EU27 inklusive dem Vereinigten Königreich stiegen 2023 gegenüber 2022 um 22% von 5,1 Mrd. Euro auf 6,2 Mrd. Euro.

Es zeigt sich aber auch eine Rückkehr des US-Films, sowohl in Österreich, wie auch in Europa, was für eine allgemein positive Entwicklung des Kinos spricht. Amerikanische Filme standen für 19,7% des Angebots und erreichten zum ersten Mal in den letzten Jahren einen Marktanteil von mehr als 70%, ein Anstieg um 7,4 Prozentpunkte gegenüber 2022.

In Österreich waren von den 351 erstaufgeführten Filmen des Jahres 2023 97 Produktionen aus den USA, das sind rund 28% des gesamten Filmangebots. Der US-Film erzielte einen Marktanteil von rund 72% und übersteigt damit den Wert des Jahres 2022 (68,7%).

Weltweit wurden 2023 49 österreichische Filme in die Kinos gebracht, die mit 138 Kinostarts in 51 Ländern 1,5 Mio. Besuche erreichten. Der österreichische Kinofilm ist somit auch im Ausland sehr erfolgreich.

Austrian Films (die Non-Profit-Agentur zur Promotion des österreichischen Films im Ausland) betreute 2023 insgesamt 69 Filme, und damit erstmals wieder mehr als die 68 Filme des Jahres 2019, davon 42 Spielfilme und 27 Dokumentarfilme. Diese Filme erreichten 435 Festival-Teilnahmen und rund 40 internationale Auszeichnungen.

Die Unterhaltungsbranche ist digitaler Vorreiter

Die Unterhaltungsindustrie ist einer der Speerspitzen der Digitalisierung und der digitale Vertrieb verzeichnet nach wie vor hohe Zuwachsraten, die die Branche insgesamt wachsen lassen.

In den USA haben sich 2023 (fast) alle Teilmärkte nach oben entwickelt, die Lokomotive aber bleibt SVOD. Die Gesamtumsätze von Home Entertainment sind von 2022 auf 2023 um beeindruckende 16,8% auf nunmehr insgesamt 43 Mrd. USD gestiegen. SVOD hat um 21% auf 37,1 Mrd. USD zugelegt.

In UK wurde bereits zum elften Mal Wachstum in der Unterhaltungsindustrie verzeichnet. 2023 konnte der Umsatz auf 11,9 Mrd. Pfund gesteigert werden. Das ist ein Plus von 7%. Videogames haben die Erholung des Jahres 2022 bestätigt und um 2,9% auf 4,737 Mrd. Pfund zugelegt. Video erzielt plus 10% und erreicht einen Umsatz von aktuell 4,915 Mrd. Pfund.

Auch in UK sind es seit Jahren digitale Vertriebsformen, die die Entwicklung bestimmen. Der Anteil der physischen Bildträger am Videoumsatz ist erneut gesunken und erreicht aktuell nur mehr 4%, 96% der Umsätze werden digital erzielt.

In Deutschland lagen die Gesamtumsätze bei 3.827 Mio. Euro im Jahr 2022 und 2023 waren es 4.334 Mio. Euro. Das sind plus 13% und nominell 31% über den Werten vor der Pandemie. Während Kino die Benchmark 2019 noch immer nicht erreicht hat, haben EST und vor allem SVOD deutlich gewonnen und damit dieses Gesamtergebnis ermöglicht.

Wie in den USA und UK sind für das Wachstum also vor allem die eklatanten Zuwächse bei SVOD verantwortlich. Das Angebot von VOD auf Abo-Basis erreichte 2023 mit 2.634 Mio. Euro erneut einen Höchstwert. Das entspricht mehr als 60% der Gesamtumsätze des Sektors und übertrifft Kino fast um das Dreifache. 2019 lagen diese Werte noch fast gleichauf.

Der Markt in Österreich

Die in Österreich ohnehin hohen Nutzungszeiten von Bewegtbild sind mit der Pandemie noch einmal deutlich angewachsen; von 239 Minuten pro Tag im Jahr 2019 auf 248 Minuten im Jahr 2020 und dann 2021 auf beeindruckende 281 Minuten pro Tag.

Mit dem Ende der Pandemie sind die Nutzungszeiten wieder etwas zurückgegangen und erreichten im Jahr 2022 im Schnitt 261 Minuten und lagen 2023 letztlich bei 246 Minuten und damit noch immer deutlich über den Vor-Corona- Werten.

Dabei erreicht lineares Fernsehen nach fast 68% Marktanteilen des Konsums an Bewegtbild im Jahr 2022 immer noch beeindruckende 64% (im Jahr 2023). Angesichts der exorbitant wachsenden Nutzungszeiten von Video und Streaming ist dieser Marktanteil überraschend. Schaut man allerdings auf die Altersverteilung wird rasch klar, dass das ein enden wollendes Phänomen ist: Bei den unter 30-Jährigen liegen die Marktanteile für lineares Fernsehen bei 26%, bei den über 50-Jährigen aber bei 83%.

Neue Entwicklungen bei Streaming

Die Bereitschaft für Inhalte zu bezahlen, ist an einem Wendepunkt. Die Wachstumsraten sind gesunken, die Preiserhöhungen der Anbietenden bzw. das Bezahlen von mehreren Anbieter*innen zeitgleich nehmen die Nutzer*innen nicht mehr so ohne weiteres hin.
Für die Streaminganbieter*innen, die verwöhnt durch die Wachstumsraten der letzten (Pandemie-)Jahre eine gewaltige Maschinerie zur schnellen und aufwendigen Produktion neuer Inhalte in Gang gesetzt haben, öffnet sich nun eine bedenkliche Schere. Die drei westlichen Branchenriesen Disney+, Netflix und Amazon Prime Video haben alle werbeunterbrochene Abos eingeführt, bei denen Konsument*innen einwilligen, dass ihr Programm durch Werbung unterbrochen wird und im Gegenzug weniger Gebühren zahlen. Häufig werden die Inhalte zusätzlich durch Live Content (etwa Sport) für Werbetreibende attraktiver gestaltet.

In den USA zeigt sich eine weitere Entwicklung, um die Konsument*innen bei der Stange zu halten: Das fragmentierte Angebot wird wieder stärker gebündelt und bisherige Wettbewerber*innen legen ihre Angebote zusammen und bieten umfassende Bündellösungen. In einigen Fällen werden auch Streamingangebote und TV zusammen lanciert.

In Österreich sind nach Reichweite Amazon Prime und Netflix (deutlich hinter YouTube) die bei weitem dominierenden Anbietenden. Betrachtet man allerdings die Marktanteile nach Nutzungsminuten, liegt Netflix nur mehr sehr knapp hinter YouTube, aber deutlich vor Amazon Prime.

Streaming liefert nach wie vor keine Zahlen. So kann weder erhoben werden, wie viele Seher*innen in Österreich inländischen Content nutzen, noch wie hoch die Reichweiten heimischer Produktionen international sind. Wünschenswert wäre eine Regelung wie in der Schweiz, wo die Anbietenden detaillierte Informationen an die amtliche Statistik liefern müssen.

Die Filmwirtschaft in Österreich

Die Filmwirtschaft erzielt 2022 im Restart nach der Pandemie Erlöse und Erträge in Höhe von mehr als 1,6 Mrd. Euro und beschäftigt 9.762 Mitarbeiter*innen. In Summe sind es 3.820 Unternehmen, die den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit in der Filmwirtschaft angeben. Mehr als vier von fünf (85%) davon sind Produktionsunternehmen im Bereich Kino- und TV-Filmherstellung. Weitere 6,7% beschäftigen sich vorwiegend mit der Produktion von Werbe- oder Wirtschaftsfilmen.

Der überwiegende Anteil der Unternehmen (97,4%) hat weniger als zehn Beschäftigte. Vor allem im Bereich der Produktionsfirmen (Kino- und TV-Film) erzielen größere Unternehmen mit mehr als zehn Mitarbeiter*innen deutlich höhere Erlöse und Erträge pro Mitarbeiter*in: So sind es 2,1% der Produktionsfirmen (Kino- und TV-Film), die etwas mehr als 73,8% der Erlöse und Erträge erwirtschaften. Diese Asymmetrie ist seit Jahren kennzeichnend für die Produzent*innen-Landschaft.

Kino(film) als Motor

2022 war für die Branche das Jahr der Erholung nach der Pandemie. Die Umsätze sind insgesamt um 11,1% gestiegen, vor allem das Kino hat fast die Hälfte an Erträgen und Erlösen zulegen können. Aber auch die Ertragskraft (Erlöse je beschäftigter Mitarbeiter*in) zeigt nach oben. Für die Gesamtzahl der Unternehmen zeigt sich hier ein Plus von 8,8%, für das Kino sind es plus 26,9%. Diese wirtschaftliche Erholung zeigt sich nicht zuletzt bei den Beschäftigtenzahlen, die insgesamt um 3,7%, im Kino aber um 16,9% angezogen haben.

Die Erholung schlägt sich aber auch im Ausgabeverhalten nieder. Einkäufe von Waren- und Dienstleistungen sind um mehr als 15% gestiegen.

Etwas differenzierter stellt sich die Situation bei den Investitionen dar. Kinos (plus 91,1%) und Verleih (plus 31,1%) investieren wieder kräftig, die Produktionsunternehmen hingegen weniger als 2021. Das ist vor allem auf die Sondersituation in Salzburg zurückzuführen. Die dort ansässigen Unternehmen des Produktionsbereichs investierten 2022 um ein Viertel weniger als noch im Jahr davor. Dadurch reduzierten sich die Investitionen im gesamten Produktionsbereich um 18,4%.

Mag. Roland Teichmann
Direktor Österreichisches Filminstitut

Dr. Felix Josef
Redaktion Filmwirtschaftsbericht

Dezember 2024

Rückfragehinweis:
Mag. Roland Teichmann
+43 / 1 / 52 69 730
roland.teichmann@filminstitut.at

Der Bericht und die ergänzenden Tabellen zu Kino und Fernsehen befinden sich weiter unten zum Download.