Frühlingsblüten des österreichischen Films
Mit dem Frühling erwacht nicht nur die Natur, sondern auch die Leinwand zu neuem Leben. Von kühnen Visionen bis hin zu einfühlsamen Erzählungen – die österreichische Filmbranche erblüht mit einem bunten Strauß an Geschichten. Davon können Sie sich im Kino jederzeit selbst überzeugen!
Sollten Sie sich noch nicht in frühlingshafter Aufbruchsstimmung befinden, dann bringt sie WHAT A FEELING, eine kluge und herzliche Komödie um zwei Frauen in der Mitte des Lebens, deren Liebe kulturelle und gesellschaftliche Grenzen überwindet, garantiert dahin!
Kat Rohrer, Tochter der bekannten österreichischen Journalistin Anneliese Rohrer, die in den USA Film studiert und zwei Jahrzehnte dort gelebt und gearbeitet hat, zeichnet für Drehbuch und Regie des Films verantwortlich. Nach vielbeachteten Kurz- und Dokumentarfilmen, wie FATAL PROMISES, der das Thema Menschenhandel beleuchtet, oder BACK TO THE FATHERLAND, der die Perspektive von Holocaust-Überlebenden auf die Übersiedlung ihrer Enkel*innen von Israel nach Österreich und Deutschland aufgreift, ist WHAT A FEELING der erste abendfüllende Spielfilm Rohrers.
In den Hauptrollen brillieren Caroline Peters als Ärztin Marie Theres, deren Leben durch die unerwartete Trennung ihres Mannes aus den Fugen gerät, und Proschat Madani als Fa, eine gebürtige Iranerin, die sich selbstbewusst und freizügig auf so manches Liebesabenteuer einlässt. Die beiden Schauspielgrößen bilden ein kongeniales Duo, das die heranwachsende Liebesbeziehung ihrer Charaktere ungeachtet aller persönlichen und kulturellen Unterschiede mit großer Spielfreude und Sympathie lebendig werden lässt. Nachdem ihr der Ehemann ausgerechnet am Hochzeitstag die Trennung verkündet, greift die geschockte Marie Theres zum Alkohol und torkelt nachts in die Pussy Cat Bar, wo sie die temperamentvolle Fa kennenlernt. Dort entspinnt sich eine humorvolle Liebesgeschichte, die über Fas Geschichte zugleich den Freiheitskampf iranischer Frauen reflektiert. Ab 19. April läuft der Film in den Kinos.
Endlose Urlaubsstimmung, Woche für Woche – genau das ist Programm und Anspruch der All-Inclusive-Hotspots des Massentourismus. Die griechische Regisseurin und Drehbuchautorin Sofia Exarchou thematisiert in ihrem mit ÖFI-Beteiligung produzierten Drama ANIMAL die Schattenseiten der Vergnügungsindustrie auf Kreta. Hauptfigur ist die Langzeit-Animateurin Kalia (großartig: Dimitra Vlagopoulou), die eine bunte Truppe an Kolleg*innen anführt und deren oberster Auftrag es ist, die Party im Club stets am Laufen zu halten. Doch die exzessiven Nächte arten irgendwann aus und machen Kalias Zusammenbruch unausweichlich. Sie begegnen in ANIMAL nicht nur einem kritisch-alptraumhaften Blick auf die Urlaubsindustrie, sondern auch dem österreichischen Kultmusiker Voodoo Jürgens als Teil des Schauspieler*innen-Kollektivs. Seit 29. März läuft der Streifen in den heimischen Kinos.
VISTA MARE (Kinostart 5. April) von Julia Gutweniger und Florian Kofler beleuchtet dasselbe Thema, nur aus einem dokumentarischen Ansatz heraus. Was passiert hinter der Fassade des perfekten Sommerurlaubs an den Traditionsurlaubsorten an der nördlichen Adria? Diese Frage hat sich das Duo Gutweniger und Kofler gestellt und dafür eine ganze Sommersaison lang die Idylle an den adriatischen Küstenorten filmisch unter die Lupe genommen. Entstanden sind dabei poetische bis hin zu surreal anmutenden Einstellungen, die jene für Urlaubsgäste unsichtbaren Arbeitsprozesse zeigen. Hauptaugenmerk liegt auf den Menschen und ihren herausfordernden Arbeitswelten, die im Hintergrund für den perfekten Urlaub sorgen.
Anja Salomonowitz hat mit ihrem bei der diesjährigen Berlinale mit großem Erfolg erstaufgeführten Film MIT EINEM TIGER SCHLAFEN ein ungewöhnliches, poetisches Portrait der österreichischen Ausnahmekünstlerin Maria Lassnig geschaffen. Birgit Minichmayr brilliert in diesem Biopic mit einem höchst differenzierten Spiel quer über alle Lebensphasen Lassnigs hinweg – von der Kindheit mit einer bestimmenden Mutter über das Ringen nach einem eigenständigen künstlerischen Ausdruck als junge Künstlerin und ihrer Selbstbehauptung in einer männlich dominierten Kunstwelt bis hin zur alten Frau, die endlich eine breite Würdigung für ihr Schaffen erfährt. Salomonowitz hat dieses außergewöhnliche Leben als berauschende Reise ineinander verschobener Episoden in Szene gesetzt und dabei zum Teil faktengetreu, zum Teil surreal überhöht gearbeitet. Spannend ist u.a. die Wirkung bestimmter Farbgebungen der Filmbilder, die an Farbtöne aus Lassnigs Arbeiten angelehnt sind. Nach der Österreich-Premiere bei der Diagonale vergangene Woche läuft der Film seit wenigen Tagen in den heimischen Kinos.
Ebenfalls bei der Diagonale feierte der Dokumentarfilm PANDORAS VERMÄCHTNIS der deutschen Filmemacherin Angela Christlieb seine österreichische Erstaufführung. Der am 17. Mai in den Kinos anlaufende Streifen setzt sich mit Georg Wilhelm Pabst, dem herausragenden Filmregisseur der Weimarer Republik auseinander, dessen Leben bis heute ungelöste Widersprüche und Brüche aufweist. In PANDORAS VERMÄCHTNIS nähert sich Christlieb der Ambivalenz innerhalb des Meisterregisseurs in Form eines vielschichtigen Familienportraits, das sich über mehrere Generationen erstreckt. Die Erzählung changiert dabei zwischen Briefen und Tagebucheinträgen seiner Partnerin Trude Papst, Ausschnitten aus Filmarbeiten, Aussagen der Enkelkinder bis hin zu Traumsequenzen. Eine äußerst sehenswerte Annäherung an eine Größe der deutschen Filmgeschichte!
Gefühlvoll und zart – genau wie die kurze, aber intensive gemeinsame Zeit von Franz Kafka und Dora Diamant – ist das Drama Die Herrlichkeit des Lebens von Georg Maas und Michael Gutmann, das Anfang Juni in den Kinos anläuft. Der introvertierte Literat begegnet der für das Jüdische Volksheim in Berlin aktiven Dora Diamant 1923 zufällig am Ostseestrand. Der 40-jährige, angesichts einer Lungentuberkulose bereits schwerkranke Kafka, ist von der Lebensfreude und Offenheit der jungen Frau sofort fasziniert. Tatsächlich werden die beiden ein Liebespaar. Er folgt ihr nach Berlin – nicht konfliktfrei, denn damit entfernt er sich von seiner Familie, auf deren finanzielle Unterstützung er angewiesen ist. Doch die junge Liebe währt nur kurz: Trotz Doras hingebungsvoller Unterstützung stirbt Kafka nur ein Jahr später.