Von Österreichs Beziehung zu seiner NS-Vergangenheit im Kurzfilm THE SEARCH über die Opfer von Menschenhandel im Dokumentarfilm FATAL PROMISES bis hin zur gerade angelaufenen Komödie WHAT A FEELING – Ihr Filmschaffen ist auf den ersten Blick von großer Vielfalt gekennzeichnet. Auf welcher Basis wählen Sie Ihre Projekte aus und was inspiriert Sie als Filmemacherin zur Auseinandersetzung mit bestimmten Themen?

Nachdem Filmemachen ein doch recht langer Prozess ist, sehr viel Zeit in Anspruch nimmt und die Regie auch sehr lange mit einem Projekt beschäftigt ist – Fatal Promises hat zum Beispiel sieben Jahre gedauert – muss es für mich etwas sein, wofür ich brenne. Bei Dokumentationen noch mehr als beim Spielfilm, aber generell muss mein Herz dafür schlagen. Das heißt, ich wähle die Themen mehr mit dem Bauch und dem Herzen aus. Die Filme behandeln meist Themen, die mich selbst sehr bewegen und bei What a Feeling waren es die Themen Diversität, Repräsentation und Außenseitertum.

 

Welche Facetten der Diversität spricht WHAT A FEELING an?

Im Film geht es um kulturelle Herkunft, soziale Unterschiede, sexuelle Orientierung und auch eine Community mit diversen Altersgruppen. Und all diese Facetten haben natürlich wieder kleinteiligere Facetten. So ist Marie Theres aus dem gleichen kulturellen Sprachraum und doch ist sie fast fremder in Wien als Fa, die einen komplett anderen kulturellen Hintergrund hat.

Wie würden Sie die beiden Hauptfiguren des Films charakterisieren?

Fa ist eine lebensfrohe, charmante, coole Frau, die ihr Leben recht offen lebt und auch gerne die Regeln bricht. Die Liebe zu ihrer Familie und vor allem der Beschützerinstinkt ihrer Mutter gegenüber sind aber ihre großen „Schwachstellen“. Marie Theres hingegen ist eher kontrolliert und etwas festgefahren in ihren Vorstellungen vom Leben. Sie will keine Regeln brechen. Die beiden sind auf den ersten Blick diametral unterschiedlich, doch sie entdecken, je näher sie sich kommen, mehr Gemeinsamkeiten als sie es für möglich gehalten haben.

 

Braucht es in der österreichischen Filmindustrie mehr Offenheit, was sexuelle Orientierung sowie kulturelle und soziale Unterschiede betrifft? Wie fällt Ihr Vergleich in diesem Punkt zum anglo-amerikanischen Filmschaffen aus?

Definitiv! Es gibt noch viel zu viele Menschen, die sich nicht zu outen trauen, seien es Schauspieler*innen oder Team-Mitglieder. Ich finde, es werden auch noch viel zu wenig kulturelle Unterschiede am Set berücksichtigt. Man merkt zwar, dass die Branche sich Mühe gibt, aber es gibt noch viel zu tun, bis der Umgang mit diesen Themen selbstverständlicher ist – es geht alles etwas langsamer. Im anglo-amerikanischen Raum ist man zumindest in der Filmbranche in diesem Punkt schon etwas weiter. Da wird schon etwas offener damit umgegangen. Es gibt natürlich auch noch einige offene Problemstellen, aber die betreffen eher die Bereiche Arbeitszeiten, Mental Health und Umgang mit Hierarchien.

 

Sie haben in New York Film studiert und 20 Jahre lang dort gelebt und gearbeitet. Was sind aus Ihrer Sicht die größten Unterschiede beim Filmemachen in New York und in Wien?

Der größte Unterschied ist natürlich die Finanzierung. In Amerika gibt es so etwas wie unser sehr komfortables Fördersystem gar nicht. Dort ist Filmemachen ein hartes Business, das Geld einspielen muss. Das hat seine Nachteile, aber auch seine Vorteile. Die Sets werden nach dem AD-System (Assistant Director) geführt, was mir auch etwas logischer erscheint. Deshalb haben wir bei unserem Dreh das Set auf amerikanische Art geführt – mit first, second and third AD. Der größte Unterschied besteht darin, dass die AD-Abteilung ein eigenständiges Department ist, das den Drehplan erstellt, die Drehtage strukturiert und die Schauspieler*innen sowie die Abläufe mit den anderen Abteilungen koordiniert. Insgesamt ist in Amerika alles etwas schnelllebiger, was auch wieder seine Vor- und Nachteile hat.

 

Zurück zu WHAT A FEELING, ihrem ersten Kinospielfilm. In Autorenkreisen heißt es vielfach, es sei einfacher, ein gutes Drama als eine gute Komödie zu schreiben. Woraus gewinnt Ihr Film seine Komik?

Ich hätte auch nicht gedacht, dass mein erster, von mir geschriebener Film, eine Komödie wird, aber als ich in der Pandemie alleine und isoliert war, habe ich mir gedacht: ich brauch jetzt was zum Lachen und die Welt wahrscheinlich auch. Mir waren beim Drehbuch zu What a Feeling nicht nur die Situationskomik und unter anderem auch die sogenannte physical Comedy sehr wichtig, sondern vor allem der Wortwitz. Ich liebe schnellen, smarten, witzigen Dialog und das habe ich versucht, bei dem Film umzusetzen.

WHAT A FEELING lebt u.a. von seinen beiden von Caroline Peters und Proschat Madani grandios gespielten weiblichen Hauptfiguren. Inwieweit hat sich Ihre Perspektive auf die Geschichte durch den Prozess des Schauspielens verändert?

Beide sind großartige Schauspielerinnen und haben ihre individuellen Stärken zur Darstellung der Figuren gebracht und so natürlich die Figuren noch mehr vertieft, noch menschlicher und greifbarer gemacht. Caroline ist großartig in physischer Komödie und damit bringt sie nicht nur den Humor in die Charakterisierung ihrer Figur, sondern zeigt auch die Schwächen. Proschats Stärke ist es, den Text nicht nur cool, sondern auch sehr trocken rüberzubringen. Das verleiht Fa ihr cooles, verführerisches Äußeres. Gleichzeitig gibt sie ihr das große Herz, das Fa so verführerisch macht. Und das wichtigste von allem ist, dass die zwei eine unbeschreibliche Chemie haben. Ohne die hätte der Film überhaupt nicht funktioniert.

 

Die Dreharbeiten fanden im vergangenen Mai und Juni statt. Gab es bestimmte Herausforderungen beim Drehen oder verlief alles nach Ihren Wünschen?

Die Herausforderung war definitiv der sehr sportliche Drehplan und das Budget. Hier haben die Produktion und das Team großartiges geleistet, um den Film Realität werden zu lassen. Beim Dreh verläuft nie alles nach Wunsch. Da gibt es zu viele unkontrollierbare Faktoren: Wetter, Geld, Locations, Hoppalas etc. Aber mein Team war so wunderbar, so voller Power und Leidenschaft, dass wir alle Aufgaben, die uns der Dreh gestellt hat, einfach gemeinsam gelöst und gemeinsam Kompromisse oder Lösungen gefunden haben, die aber immer im Sinne des Films und der Geschichte waren. Dafür und für vieles mehr bin ich jeder und jedem Einzelnen sehr, sehr dankbar. Ein Film kann nur so gut wie sein Team sein.

 

WHAT A FEELING war bereits auf der Diagonale in Graz zu sehen und ab 19. April in ganz Österreich im Kino. Welche Projekte stehen bei Ihnen als nächstes auf der Tagesordnung?

Ich entwickele gerade zwei Serien. Bei beiden würde ich gerne Regie führen und eine davon schreibe ich auch. Außerdem habe ich auch noch ein Drehbuch für einen Spielfilm in Arbeit.

Kinostart: 19.04.2024

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