„Mit großer Bestürzung habe ich vom plötzlichen Tod Hans Guttners erfahren, den ich als im besten Sinne eigenwilligen Dokumentarfilmer kennen und schätzen gelernt habe.
Meine aufrichtige Anteilnahme gilt seiner Tochter Camilla und Familie.“

Roland Teichmann

An dieser Stelle dürfen wir mit herzlichem Dank, den von seiner Familie übermittelten, Nachruf veröffentlichen.

Nachruf Hans Andreas Guttner

Hans Andreas Guttner, geboren am 6. Mai 1945 in St. Christophen, Österreich, war ein deutsch-österreichischer Dokumentarfilmemacher, der seit Ende der 70er Jahre den deutschsprachigen Dokumentarfilm maßgeblich mitprägte.

Als einer der ersten Kinodokumentarfilmer widmete sich Guttner mit seiner preisgekrönten Pentalogie „Europa – ein transnationaler Traum“ (1979-1996) dem Schicksal von Gastarbeiterfamilien in Deutschland. Die Filme dieser Reihe, Alamanya Alamanya – Germania Germania (1979), Familie Villano kehrt nicht zurück (1980/81), Im Niemandsland (1983/84), Dein Land ist mein Land (1988/89) und Kreuz und quer (1994/96), zeichnen ein vielschichtiges Bild der Herausforderungen und Hoffnungen von Menschen im Spannungsfeld zwischen ihrer Herkunft und ihrer neuen Heimat. Inzwischen gelten Alamanya Alamanya – Germania Germania und Familie Villano kehrt nicht zurück als Klassiker des deutschen Dokumentarfilms.

Neben seinen Migrationsfilmen beschäftigte sich Guttner auch mit weiteren Fragen des gesellschaftlichen und menschlichen Miteinanders. In Bei Tag und bei Nacht (2014/16) porträtierte er das Leben seines Bruders, eines Landarztes in Kärnten, und thematisierte die Herausforderungen des ländlichen Gesundheitswesens. Mit Die Burg (2018/19) gewährte Guttner einen seltenen Einblick in das Innenleben des Wiener Burgtheaters, während ihm mit Art comes from Need (2010) ein intimes Porträt des weltberühmten Malers Sean Scully gelang. Sein letzter Film Tiergarten kam 2024 in die Kinos und zeigt auf poetische und berührende Weise die Konsequenzen des weltweiten Artensterbens.

Guttner verzichtete in seinen Werken bewusst auf belehrende Kommentare und ließ stattdessen die Bilder und Töne für sich sprechen. So trugen seine Filme mit dazu bei, starre, konventionelle Erzählformen zu überwinden und den Dokumentarfilm als eine eigene künstlerische Film- und Ausdrucksform zu etablieren. Auch über sein filmisches Schaffen hinaus verhalf Guttner dem Dokumentarfilm zu wachsender Anerkennung, indem er Anfang der 80er Jahre das Internationale Dokumentarfilmfestival München initiierte.

Guttners Filme wurden international mehrfach ausgezeichnet und bleiben als wichtige Zeugnisse europäischer Zeitgeschichte erhalten. Erst kürzlich wurden sie ins Deutsche Filmerbe aufgenommen.​ Er selbst wird in Erinnerung bleiben als ein sensibler Chronist unserer Zeit, der mit Empathie und Feingefühl die Geschichten der „Fremden unter uns“ erzählte, dabei stets den Dialog suchte und gesellschaftliche Relevanz und künstlerische Tiefe vereinte.

Hans Andreas Guttner hinterlässt eine Tochter, die Künstlerin und Filmemacherin Camilla Guttner, und freute sich bereits auf die Geburt seiner Enkeltochter, als er am 14. April 2025 völlig unerwartet bei einer Routinebehandlung im Krankenhaus verstarb.