MeToo-Umfrage des BFFS Deutschland
"Erfahrungen von Schauspieler*innen mit Nacktheit und simuliertem Sex"
BFFS befragt Schauspieler*innen zu ihren Erfahrungen mit der Darstellung von Sexualität. Die Ergebnisse sind besorgniserregend.
Intimität und sexualisierte Gewalt in Filmen: Begünstigen solche Szenen Grenzüberschreitungen im Zusammenhang mit der schauspielerischen Arbeit? Der BFFS hat in Kooperation mit dem Institut für Medienforschung der Universität Rostock und dem culture change hub eine Umfrage unter Schauspieler*innen zu ihren Erfahrungen mit ihrer beruflichen Arbeit in solchen Szenen durchgeführt.
Zentrale Ergebnisse:
- 4 von 5 weibliche und etwa die Hälfte der männlichen Schauspieler*innen haben im Beruf Erfahrungen mit Grenzverletzungen, sexueller Belästigung oder sexualisierter Gewalt gemacht. Im Rahmen der Darstellungen von Intimität, Nacktheit oder sexualisierter Gewalt haben über die Hälfte der weiblichen Befragten mindestens einmal Grenzverletzungen erfahren, ebenso über 20% der männlichen Befragten.
- Bereits während der Ausbildung haben 1 von 3 Schauspielerinnen und etwas mehr als ein Sechstel der Schauspieler bei der Darstellung von Intimität, Nacktheit und sexualisierter Gewalt Grenzüberschreitungen erlebt.
- Jede zweite Schauspielerin und 1 von 5 Schauspielern hat Angst, keine Arbeit mehr zu bekommen, falls sie sich zu einem Vorfall äußern würden.
- Fast 70% der Schauspielerinnen und ein Drittel der Schauspieler (35,2%) haben Angst, als schwierig zu gelten, wenn sie Details der Darstellung von Intimität, Nacktheit oder sexualisierter Gewalt nicht oder nur zu bestimmten Bedingungen zustimmen würden.
- Die Mehrheit der Schauspieler*innen (71,7% weiblich und 59,3% männlich) hat selten oder nie das Gefühl, dass Mitarbeiter*innen für den professionellen Umgang mit Intimitätsszenen oder Szenen mit sexualisierter Gewalt geschult sind. Und nur 10% der weiblichen und 16% der männlichen Befragten geben an, dass die Regie im Umgang mit Intimitätsszenen geschult ist.
- Die große Mehrheit aller Befragten gibt an, insbesondere die männlichen Befragten mit fast 90%, bisher keine schriftlichen Regelungen zu intimen Szenen und Nacktheit gehabt zu haben.
- Fast 9 von 10 Schauspielerinnen und knapp 8 von 10 Schauspielern finden den Einsatz von Intimacy Coordination sinnvoll.
Leslie Malton, Vorsitzende des BFFS zu den Ergebnissen: „Unsere Umfrage unter Kolleg*innen macht uns nochmal deutlich, wie vulnerabel die schauspielerische Arbeit an diesen herausfordernden Szenen ist. Und dass wir einen professionelleren Arbeitsrahmen brauchen, um Grenzverletzungen für Schauspieler*innen zu vermeiden.“
„Darstellungen von Intimität und sexualisierter Gewalt sind ein sehr verletzlicher Bereich und müssen als Choreografie verstanden und umgesetzt werden. Es muss keine erotische Stimmung erzeugt werden, um mitreißende Szenen zu kreieren. Gutausgebildete Intimacy Coordinator sorgen für eine desexualisierte Arbeitsweise und die Sicherheit, dass innerhalb der professionellen Grenzen von Schauspieler*innen gearbeitet wird. Erst dann kann sich Kreativität wirklich entfalten“, so Barbara Rohm, Leiterin der ersten Intimacy Coordinating Weiterbildung im deutschsprachigen Raum.
„Die Einführung von Intimacy Coordinating in Deutschland als professionelle Begleitung und Betreuung der schauspielerischen Arbeit bei Intim-, Nackt, bzw. Sexszenen halten wir für einen wichtigen Schritt, im Sinne der Prävention von Grenzüberschreitungen. Dabei ist uns wichtig, dass in der Weiterbildung für angehende Intimacy Coordinator ein hoher Qualitätsmaßstab angesetzt wird. Künftige Intimacy Coordinatoren müssen mit dem notwendigen Handwerkzeug für die optimale Unterstützung von Schauspieler*innen ausgestattet werden“, so Bernhard Störkmann, Justiziar des Bundesverband Schauspiel e.V. (BFFS).
Quelle: Website bffs.de